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ETP2016-2v4: So ein Betreiber von Straßenbeleuchtung hat es auch nicht leicht

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Zurück zu Teil1: ETP2016-1v4: Kongress Straßenbeleuchtung – RückblickSo ein Betreiber von Straßenbeleuchtung hat es auch nicht leicht.

Neue Normen

Haben sich Planer und Betreiber bei der Planung von Straßenbeleuchtung inzwischen an die Begriffe Beleuchtungsklasse und den Umgang mit der Berechnung z.B. in Dialux gewöhnt, wurde die dazugehörige Norm DIN 13201 überarbeitet. Neue Beleuchtungsklassen, Gütemerkmale sowie deren Berechnung und Methoden werden beschrieben. Man lernt eben nie aus.

Auch erzählte in diesem Zusammenhang Jörg Minnerum von Trilux über das neue Normenkonfomitätszeichen ENEC+ als weiteres Gütemerkmal für Straßenleuchten.

Die richtige Leuchte und Hersteller finden – Die Qual der Wahl

Vorbei die Zeiten, wo eine Straßenleuchte nach Aussehen und Wattagen, sowie verfügbaren Abstrahlcharakteristika und Preis ausgesucht wurde. Die Spielwiese und Möglichkeiten durch die LED-Technik heute ist ua. mit vielen lichttechnischen Faktoren wesentlich größer geworden. Unterschiedliche Bauformen, versch. Lösungen des Wärmemanagements (wenn überhaupt vorhanden !!!) , der Vorschaltgeräte mit Steuerungsmöglicheiten, sowie auch Möglichkeiten der Lichtlenkung zur optimalen Ausleuchtung der jeweiligen Situation fordern von den Entscheidern beim Kauf der Leuchten selten vorhandenes Expertenwissen.

Kein Wunder also, wenn heute immer noch verschiedene Leuchtenherstellern erfolgreich Leuchtmittel und Leuchten verkauft bekommen, deren unzureichendes oder fehlendes Wärmemanagement die LEDs und Treiberelektronik einen nachhaltigen Betrieb unmöglich machen. Hierzu hatte Prof. Dr. Khanh der Uni Darmstadt anschauliche Beispiele zu den Folgen gebracht.

Doch das Gute daran ist, dass häufig genau diese Lösungen einen einfachen Austausch von LED-Einheit und Vorschaltgerät servicefreundlich ermöglichen. So verteilen sich die Kosten. Anfangs sparen und weiter Geld für Wartung und Austausch zahlen.
Ob das die Definition von Nachhaltigkeit ist?
Zugegeben, so meine Erfahrung, will man den LEDs und deren Ansteuerelektronik ein langes Leben bescheren, so benötigt es eine gute Wärmekopplung an das Leuchtengehäuse zur Kühlung. Und das ist meist nur durch massive mechanische Verbindung möglich.

Hat man sich dann endliche für Hersteller bzw. Leuchtentype festgelegt und kennt die Lebensdauer seiner Leuchten einschließlich Komponenten gilt es noch die richtige Optik und Lichtleistung für die erforderliche Lichtverteilung zu finden. Ja aber bitte nur max. drei Varianten, denn man möchte ja auch keine große Diversifizierung, sonst hat man am Ende mehr Leuchten im Lager als auf den Masten.

So gab es zu all diesen Themen Vorträge mit den Titeln:

  • Baukastenprinzip, Beleuchtung in einer Großstadt (Gerald Wötzl, Stadt Wien)
  • Qualität von LED-Beleuchtung (Workshop mit Oliver Heyne, Hella und Thomas Müller, WE-EF)
  • Die richtige Leuchtenauswahl (Thomas Erfert, SRM GmbH)

Rechtliche Aspekte des Betreibes bzw. Inhabers von Straßenbeleuchtungen

Nicht immer ist der Inhaber, in der Regel die Kommune der Betreiber. Die Aufgabe wurde ggf. schon vor Jahren „outgesourced“. Aber Verträge sind endlich und mit dem Neuabschluss sind auch neue gesetzliche Forderungen zu beachten.

Was kann, muss oder will eine Kommune bzw. Betreiber von Straßenleuchten bei Neubau oder Modernisierung alles beachten? Welche Pflichten und Verantwortung hat die Kommune?

Dann noch das Thema Förderungen und wie vermeidet man das Treten in Fettnäpfchen bei Ausschreibungen. Was muss alles in ein Lastenheft?

Ohje. Da braucht es dann wohl externen Beistand, nicht vom Seelsorger, aber von fachkompeteten Anwälten. Hier hatten zumindest die Referenten Martin Brück von Oertzen und Dr. Nadine Zurheide (Kanzlei Wolter Hoppenberg Rechtsanwälte) den Teilnehmern interessant aus der Praxis berichtet.

Ein wenig Lichtplanung kann doch jeder…

Moderne Lichtplanungssoftware macht es einem schon leicht, oder? Straße abbilden, Lichtverteilungskurve des Herstellers reinladen, Leuchten positionieren und ausrichten. Mit einem weiteren Klick ist die Lichtsimulation fertig.

Na vielleicht noch die Abstände etwas anpassen. Hoppla das geht ja nur auf dem Papier. Es geht ja um eine Modernisierung. Da lassen sich die Lichtpunkte nicht verändern. Ok, dann eben bester Kompromiss nach bestem Wissen und Gewissen.

Prima, das nächste Projekt ist eine Planung „auf der grünen Wiese“. Die Software rechnet automatisch die Mastabstände zur Einhaltung der Beleuchtungsklassen nach DIN 13201, nur schade, dass dann für die Umsetzung das Budget nicht ausreicht. Soviele Lichtpunkte waren nicht kalkuliert.

Und dann der Lichtplaner als Künstler. Im städtischen Park sollen spezielle Bereich durch eine andere Lichtfarbe hervorgehoben. Rundherum alles warmweiss mit 3000Kelvin oder weniger und mittendrin der Hingucker in kaltweißem Licht. Man hat dafür ein Wort: „Zoning“.
Abends auf dem Weg zum Besuch des technischen Betriebszentrums München und modernste Leitzentrale Europas und sensibilisiert zu diesem Thema hatten wir während Busfahrt viele Einsatzgebiete von „Zoning“ an Hotelfassaden entdeckt. Oder war dem Hauselektriker nur die Bedeutung von 830 und 850 nicht bekannt?

Sehr interessant war auch noch der Vortrag von Dr. Peter Podrogi. Er erklärte anschaulich das Thema Blendung und wie nachteilig eine blendende Beleuchtung das Sehvermögen beeinflusst. Spannend war vor allem die dynamische Betrachtung eines Fußgängers oder Autofahrers, der einer Folge von Lichtquellen in unterschiedliche Höhebeim vorbeischreiten/-fahren ausgesetzt ist. Insbesondere zeigt sich die Masthöhe mit bemerkenswertem Einfluss. Je höher der Mast, desto besser. Somit ist eine Lichtplanung und Ermittlung der Blendungsfaktoren immer eine Funktion des Ortes.
Neben Abhängigkeiten des Alters und der damit verbundenen reduzierten Sehleistung und Empfindlichkeit von Blendung eines Propanden wurde das Thema Lichtspektrum und Farbwahrnehmung angesprochen.

Unser Auge ändert seine Lichtempfindlichkeitskurve abhängig von der Helligkeit. Während wir tagsüber unser Maximum bei grün-gelb haben (photopisches Sehen, >3cd/m²), verschiebt sich dieses bei geringer Leuchtdichte (< 0,001cd/m²) in den grün-blau-Bereich (skotopisches Sehen). Der Übergang ist relativ undefiniert und nennt sich mesopisches Sehen.

Daraus folgt die Erkenntnis, dass Nachts (wann denn sonst?) eine „kalte“ Straßenbeleuchtung mit höherer Farbtemperatur effizienter ist, als eine mit warmweißem Licht.

(Siehe auch Blogbeitrag: http://www.lightingpassport.de/asensetek/s-p-verhaeltnis-unterschied-von-tagsehen-zu-nachtsehen)

Nichtsdestotrotz die Menschen mögen es warmweiß. Das zumindest zeigte auch der Vortrag von Alena Taranka, welche im Rahmen einer Studie der Hochschule Nürnberg G.S.Ohm eine Umfrage durchführte und die Ergebnisse den Teilnehmern präsentierte.

LED-Leuchten brauchen auch Wartung

Sind dann alle LED-Leuchten installiert und datentechnisch erfasst, sollte vielleicht ausser regelmäßiger Reinigung doch für Jahre nichts mehr zu tun sein. Was wenn doch?

Leuchte (hoffentlich erst nach vielen Jahren) defekt? Na das war doch früher einfach. Der Servicetruppe hatte mit Sicherheit entweder das richtige Leuchtmittel oder Vorschaltgerät dabei. Soviele waren es ja nicht.

Doch nun was tun? LED-Engine oder VSG auf dem Steiger tauschen? Nicht möglich, nicht erlaubt und ausserdem kein ESD-Schutz und sowieso ist das Ersatzteil nicht mehr verfügbar, denn der Hersteller setzt inzwischen modernere LEDs ein.

Da ist nichts mehr kompatibel zum alten System. Wenn doch? Bei so vielen technischen Daten einschließlich Optik muss da erst mal das passende Ersatzmodul gefunden werden.

Der ernsthafte Betreiber hat zu Beginn anständig seine Datenbank gefüttert.

  • Welche Leuchte, wo, in welcher Konfiguration,
  • Erfassung der Stromaufnahme (ja und die kann sich bei Optionen mit Kompensation des Lichtstromrückgangs erheblich ältern)
  • Messung von Referenzbeleuchtungsstärken
  • na und da wären noch viel mehr Daten möglich.

Also anständig den Prozess einhalten und durch den Tausch/Reparatur die Datenbank aktualisieren. Wer macht das wirklich? Mit der richtigen Software und Kennzeichnung sicherlich einfach, oder?

Diese und viele weitere Fragen waren Diskussionsinhalt des Roundtables unter der Moderation von Armin Mühlberger (sixdata GmbH), Urs Etter (Stadtwerke St. Gallen), Marcus Behrens (SAP) und Tom Reichelt (meine Wenigkeit als Ansprechpartner für Lichtmesstechnik)

Insbesondere konnten wir Wünsche der Betreibern an die Herstellern vernehmen, die eine Vereinfachung in der Datenerfassung fordern. Z.B. wäre es wünschenswert die Konfiguration von Leuchten über ein einheitliches System wie z.B RFIDs datentechnisch zu erfassen. Gepflegte Datenbanken lassen dann auch schnell eine Ersatzleuchte oder ein zugehöriges Ersatzteil finden.

Interessierte sind aufgefordert im Strassenlicht-Forum kräftig mitzudiskutieren.

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